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Gedanken zum neuen  Misereor-Hungertuch Von Dr. Claudia Kelletzki, Misereor

Viele Krisen, Kriege und Veränderungen auf der ganzen Welt machen den Menschen derzeit Angst. Sie wissen oft nicht mehr, woran sie sich halten sollen. Was ist noch wichtig im Leben? Was kann uns Halt und Hoffnung geben? Menschenkinder Diese Fragen passen gut zum neuen Hungertuch. Die Künstlerin Konstanze Trommer hat das dreiteilige Bild am PC entworfen und auf Leinwand drucken lassen. Die gedruckten Fotos wurden mit Acrylfarben übermalt und verfremdet, an manchen Stellen Blattgold aufgetragen. Die Fotos hat sich Konstanze Trommer zum Teil bei Misereor ausgesucht: Sie zeigen Menschen aus Misereor-Projekten in den Ländern Afrikas, Lateinamerikas und Asiens. Andere Fotos hat die Künstlerin selber aufgenommen, zum Beispiel die Tiere. Die beiden Mädchen im Boot sind ihre Enkelinnen. Im Mittelpunkt des Hungertuchs stehen Kinder: Eine bunte Gruppe lebt miteinander auf einer Sandbank, umgeben von Wasser. Der Himmel links ist hell und blau, fast paradiesisch, auf der rechten Seite zieht ein bedrohlicher Sturm heran – Unheil droht. Alle Kinder helfen einander. Sie spielen, kochen, fischen Vorräte aus dem Wasser, sorgen für die Jüngeren. Was wir nicht wissen: Warum sind sie auf der Sandbank gestrandet? Werden Insel und Zelt dem herannahenden Sturm standhalten können? Unterwegs sein Ein leuchtend-weißes Zelt steht in der Mitte des Bildes und genau auf der Grenze von Paradies und Unheil. Gold umrandet es wie ein Schutz. Gold ist die Farbe Gottes. All das erinnert an die biblische Geschichte von Gott, der dem Volk Israel durch die Wüste in einem Zelt voranzog. Dieses Zelt nannten die Israeliten „Zelt der Begegnung“ Gottes mit den Menschen. (Exodus 29) Auch in einer schwierigen Situation war Gott mit ihnen unterwegs. Ein Zelt ist ein mobiles Zuhause, das schnell auf- und abgeschlagen ist. Es bietet auch Geflüchteten vorübergehend Zuflucht. Zukunft ist Wir. Die Sandbank ist Neuland: Um das Zelt herum entwickeln junge Menschen etwas Neues. Sie müssen alleine auf der Insel überleben und sie packen es tatkräftig an. Sie probieren aus, wie es gelingen kann, miteinander gut zu leben und aufeinander Rücksicht zu nehmen. Alle ohne Ausnahme sind in das „Zelt der Begegnung“ eingeladen. Die Frage ist nicht: Woher kommst du? Sondern: Wohin gehen wir gemeinsam? Gemeinsam träumen Wir alle sind aufeinander angewiesen und miteinander wie Geschwister verbunden. Dazu sagt die Enzyklika „Fratelli Tutti“ (8) von Papst Franziskus: Wir sind eine einzige große Menschheitsfamilie. Wenn Krisen kommen, merken wir, dass wir uns ändern müssen. Diesen Weg kann niemand für sich alleine gehen. Das schaffen wir nur, wenn wir uns gegenseitig helfen, nach vorne zu schauen und Träume und Ideen zu entwickeln. Liebe sei Tat Die Künstlerin betont: Allein tatkräftige Liebe – und nicht das Gerede darüber – wird uns helfen, Krisen zu überwinden. Das leuchtende „Zelt der Begegnung“ ragt in den Himmel wie eine „Antenne der Liebe“: Es nimmt so jeden Notschrei auf und hilft uns, auch die Nöte der anderen und der Natur zu sehen. Es ist ein Zeichen dafür, dass wir diejenigen in den Mittelpunkt stellen, die am bedürftigsten sind.